Die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf burgenländische Schüler_innen

Eine der aktuell drängendsten Fragen der empirischen Bildungsforschung ist, wie sich Schüler_innen in der COVID-19-Pandemie entwickelt haben. Dabei müssen sowohl die Auswirkungen der pandemieeinschränkenden Maßnahmen der Schuljahre 2019/20 und 2020/21 auf alle Schüler_innen als auch die kognitiven Folgen einer COVID-19-Erkrankung in den Blick genommen werden.
 Während die Auswirkungen der pandemieeinschränkenden Maßnahmen (z.B. Schulschließungen) bzgl. der kognitiven und psycho-sozialen  Entwicklung von Schüler_innen bereits häufig untersucht und Entwicklungsnachteile aller und etwaige Schereneffekte zuungunsten bildungsbenachteiligter Schüler_innen so gut als derzeit möglich dokumentiert sind (Rollett, Leitgeb & Scharenberg 2022; Huber u.a. 2021; Helm, Huber & Loisinger 2021; Van Ackeren, Endberg & Locker-Grütjen 2020), sind Auswirkungen einer COVID-19-Erkrankung auf die kognitiven Grundfähigkeiten von Schüler_innen noch kaum untersucht. Kognitive Folgen von COVID-19 fallen meist unter den Begriff „Long COVID". Long COVID umfasst dabei Symptome, die mehr als vier Wochen nach Beginn der Erkrankung an COVID-19 fortbestehen oder neu auftreten (11,5  – 25 % der COVID-19 genesenen Patient_innen, je nach Symptomatik; Taquet 2021). Zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen von COVID-19 zählen Beeinträchtigungen der körperlichen und psychischen Gesundheit sowie Einschränkungen in der Denkfähigkeit und Lebensqualität (ebd.; Sooras u.a. 2021). In einer umfangreichen Studie in Großbritannien belegten Hampshire u.a. (2021) sogar Defizite der kognitiven Grundfähigkeiten erheblichen Ausmaßes. Personen, die angaben, sich von COVID-19 erholt zu haben, schnitten bei der Gesamtbewertung schlechter ab. Das Ausmaß dieses Defizits stieg mit dem Grad der Behandlung, für Atembeschwerden. Beispielsweise wichen die Ergebnisse bei hospitalisierten und zusätzlich

zwangsbeatmeten Patient_innen um eine halbe Standardabweichung (0,47 SD) ab. (siehe Abb. unten; Die Fehlerbalken geben den Standardfehler an.) Dies entspricht einem größeren Rückgang kognitiver Fähigkeiten als bei einem Schlaganfall (0,27 SD) und entspricht auf IQ-Punkten umgelegt rund 7 IQ-Punkten (ebd. 7 ff.).

Die Statistische Erhebungen der AGES zeigen, dass bereits vor der jetzt anstehenden Omikron-Welle knapp ein Drittel aller Schüler_innen zwischen 7 und 14 Jahren in Österreich mit Corona infiziert waren oder sind. Das angestrebte Projekt will dbzgl. schülerseitige Forschungslücken schließen und einen wichtigen Beitrag zum internationalen Forschungsdiskurs leisten, der insbesondere der Frage nachgeht, ob und inwiefern kognitive Defizite auch bei genesenen Kindern und Jugendlichen an burgenländischen Schulen der Primar- und Sekundarstufen nachgewiesen werden können. Aufgrund der Gegebenheiten des Burgenlandes wird sogar eine Vollerhebung in der dritten und siebten Schulstufe angestrebt. Da die IKM-Testung in diesen Schulstufen erfolgt, soll die Vollerhebung neben den kognitiven Grundfähigkeiten auch diese Daten als Kovariaten einbeziehen. Diese empirisch belastbaren Daten können eine wichtige Hilfe bei künftigen bildungspolitischen Steuerungen und Maßnahmen sein.

Das beabsichtigte Forschungs- und Entwicklungsprojekt umfasst über empirische Erhebungen hinaus auch analytische, metaanalytische, fachdidaktische und schulentwicklungsrelevante Forschungen. Dies ist für das Erzielen umfassender und fundierter Forschungsergebnisse wichtig, um systematisch Corona-Pandemie berücksichtigende schulische Maßnahmen entwickeln und so den oben angedeuteten kognitiven und sozio-emotionalen Nachteilen auf allen nötigen Bildungsebenen gezielt entgegenwirken zu können. Die Verwertung der Ergebnisse sollen konkret in die Angebote der Aus-, Fort- und Weiterbildung an der PPHB einfließen und eine evidente Entscheidungsbasis für Angebote des Landes Burgenland und der Bildungsdirektion Burgenland darstellen.