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Rose Ausländer – kritische Stimme für schwierige Zeiten.

Impulse für die Rezeption der jüdischen Literatur setzt unser Lehrender Martin A. Hainz, Leiter der Stabstelle Forschung, seit Jahren.

Unter anderem als Vorstandsmitglied der Rose Ausländer Gesellschaft. Ziel der Gesellschaft ist es, das Werk der Lyrikerin bekannt zu machen und wissenschaftlich zu erschließen.

Dafür spricht die Qualität der Lyrik, die vor allem auch die Beobachtungen einer Zeitgenossin des 20. Jahrhunderts und seiner Abgründe ist – und hier mit scharfem Blick schildert und interveniert, ganz in der Tradition Heinrich Heines. Es ist das spannende Werk über ebenso spannende, doch auch schreckliche Zeiten, Gedichte, die aktuell sind – und immer wieder wert gelesen zu werden.

Die Dichterin, 1901 in der Stadt Czernowitz geboren, die zu dieser Zeit noch zur Habsburg-Monarchie gehört, entstammt dem liberal-jüdischen Bürgertum, sie empfängt Anregungen aus der jüdischen Tradition sowie aus der Philosophie. Und sie wird Zeugin der Verhältnisse der russischen Besetzung ihrer Stadt 1916, aufgrund dieser erlebt sie erstmals, aber nicht zum letzten Male die Flucht. Sie lebt in Wien, dann wieder im – nun aber rumänischen – Czernowitz. Gemeinsam mit einem Studienfreund wandert sie angesichts der Verhältnisse 1921 in die USA aus, wo sie als Brotberuf unter anderem Buchhalterin ist, aber auch schon dichterisch tätig ist. Sie heiratet, lässt sich aber bald wieder scheiden; die spätere Beziehung mit der Liebe ihres Lebens scheitert ebenso. Konstante ihres Lebens sind da bereits die scharfen Beobachtungen in Gedichtform.

Sie versucht, ihre kranke Mutter zu unterstützen, begibt sich dabei aus den USA zuerst nach Bukarest und dann, ab diesem Zeitpunkt unter Lebensgefahr, auch ins nun von den Nazis und rumänischen Faschisten oder aber Stalins Truppen beherrschte Czernowitz. 1939 erscheint ihr erster Gedichtband Der Regenbogen, von der Kritik gelobt, aber aufgrund der Verhältnisse ohne größere Leserschaft. Sie wird in dieser Zeit als US-Spionin vom sowjetischen Inlandsgeheimdienst (dem NKWD) für vier Monate inhaftiert. Auch das überlebt sie – und in einem Kellerversteck danach auch die Jahre der nationalsozialistischen Verfolgung, wie auch ihre Mutter diese Jahre überlebt.

Rose Ausländer reist nach dem Krieg über Rumänien neuerlich nach New York, wo sie englische Gedichte verfasst, wobei sie einen modernen Stil entwickelt. 1964 will die Lyrikerin wie ins Deutsche, das doch ihre Sprache geblieben war, so auch in ein deutschsprachiges Umfeld zurückkehren, Wien bietet ihr keine mögliche Heimat, weshalb sie von hier 1965 nach Düsseldorf zieht. Als Verfolgte des NS-Regimes erhält sie eine Entschädigung und eine Rente, wie auch endlich ihr literarischer Durchbruch kommt, zunächst durch Anerkennung der Kritik, mit Helmut Braun als Verleger ab 1975 auch mit einer breiten Leserschaft. Zu diesem Zeitpunkt lebt sie im Altenheim der Jüdischen Gemeinde Düsseldorfs, auf ihre Anregung nach Nelly Sachs benannt. Es ist ein Rückzug ins Schreiben, bis zu ihrem Tod 1988 erscheinen bei Braun und dann bei Fischer zahlreiche Gedichtbände.

Es ist also ein Leben in steter Bewegung, auch geistig. Man erfährt viel über die Zeit, aber auch darüber, was der Mensch vielleicht sei. Die Rezeption hält an. Und sie muss anhalten: Am 4./5. März 2023 gab es in Düsseldorf und Köln wieder Veranstaltungen der Rose Ausländer Gesellschaft, die viel Anklang fanden. Themen der Vorträge und Gespräche waren neben neuen Erkenntnissen die Pläne einer Verfilmung, als Drehorte sind Czernowitz, New York und Düsseldorf geplant, eine bekannte Schauspielerin hat bereits zugesagt.