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Sprachpädagogisches Rahmenkonzept für Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen im Burgenland

Die Private Pädagogische Hochschule Burgenland (PPH Burgenland) hat in enger Kooperation mit der Universität Klagenfurt (Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr. Georg Gombos) und dem Land Burgenland ein innovatives sprachpädagogisches Rahmenkonzept entwickelt. Dieses Konzept zielt darauf ab, die Mehrsprachigkeit in den Kindergärten zu fördern und die Professionalität der Elementarpädagog:innen sowie des Personals in Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen durch Schulung und Begleitung zu verbessern.

Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Erwerb und der Pflege der Volksgruppensprachen, um einen wichtigen Beitrag zur sprachlichen Vielfalt des Burgenlandes zu leisten. Durch die institutionelle Verankerung von Bilingualität sollen die Minderheitensprachen Burgenland-Kroatisch, Burgenland-Romani und Ungarisch aktiv in die pädagogische Arbeit der zweisprachigen Kindergärten integriert werden.

Am 28. Juni 2023 wurde das neue Rahmenkonzept im Kindergarten der Gemeinde Rotenturm (Bezirk Oberwart) präsentiert.

Das Sprachpädagogische Rahmenkonzept beschreibt u.a. allgemeine sprachpädagogische Prinzipien für die praktische Arbeit in zwei- oder mehrsprachigen elementaren Bildungseinrichtungen und soll in einer mehrstufigen Ausrollung im Laufe von zwei Jahren implementiert werden. „Ziel des Projekts ist es, die Kenntnisse der Kinder in den Volksgruppensprachen Burgenlandkroatisch, Ungarisch und Burgenland-Romani zu verbessern, die Eltern und Erziehenden in Bezug auf bilinguale und mehrsprachige Erziehung zu begleiten und zu unterstützen. Das ist nicht nur eine Maßnahme, um die Volksgruppensprachen zu erhalten und zu fördern, sondern zugleich ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung unserer Volksgruppen. Damit können die Kinder eine weitere Sprache lernen, ihr Wissen über die Vielfalt der burgenländischen Kultur und ihren persönlichen Horizont erweitern“, so Landesrätin Daniela Winkler. 

Das Projekt wird in der ersten Stufe in Form eines Pilotprojekts auf die Kindergärten in Rotenturm, Oberwart, St. Martin und Parndorf ausgerollt. Dabei werden die Teams der vier Einrichtungen geschult, intensiv begleitet und durch vielerlei zusätzliche Angebote unterstützt.

In der zweiten Stufe wird das Rahmenkonzept auf weitere zweisprachige Kindergärten im Burgenland ausgeweitet. Das Angebot an Weiterbildung beinhaltet Hintergrundwissen über das Konzept, didaktisch-methodische Vorgehensweisen, praktische Inputs sowie Argumentationsleitlinien für Gespräche mit Eltern, Erziehungsberechtigten und Kolleg:innen, um das Konzept erklären zu können und für dieses zu sensibilisieren. Dies erfolgt in Online-Meetings, Coachings und Teamweiterbildungen. Im Rahmen dessen wird auch festgelegt, welche Form der Sprachaufteilung am Standort angewendet werden soll, und es werden die Grundzüge eines eigenen standortspezifischen Rahmenkonzeptes erarbeitet. In regelmäßigen Arbeitstreffen werden die Arbeitsprozesse abgestimmt.

Ein wichtiger Faktor bei der Ausrollung des Projekts ist die gegenseitige Unterstützung in Form von übergreifenden Hospitationen und der Aufbau und die Nutzung eines Netzwerkes der betreffenden Kindergärten. Es sind für jeden Standort spezifische, auf den Standort und die Einrichtung angepasste Maßnahmen zu treffen, die in einem individuellen Rahmenkonzept festzuhalten sind.

„Mit diesem Konzept wird Mehrsprachigkeit im Sinne der Volksgruppensprachen bereits in den elementaren Bildungseinrichtungen des Burgenlands institutionell gefördert und die Elementarpädagog:innen bei der Umsetzung von der PPH Burgenland umfassend begleitet,“ betont Herbert Gabriel, Vizerektor der PPH Burgenland.

Die Betreuung erfolgt durch das Kernteam unter Mitwirkung von Andrea Bicsar, Zentrum für Inklusion und Mehrsprachigkeit, Ema Chevalier, Stabstelle Minderheitenschulwesen, Manuela Urschik-Eselböck, Zentrum für Elementarpädagogik, und Zwetelina Ortega, Bildungs- und Beratungsinstitut Linguamulti.

Das Projekt startet in den ersten vier Kindergärten im September 2023.

Zum Sprachpädagogischen Rahmenkonzept

Das Rahmenkonzept fügt sich in bestehende Orientierungsrahmen ein, unterscheidet sich aber von ihnen durch seine sprachpädagogische Ausrichtung. Es befasst sich zunächst mit Zwei- und Mehrsprachigkeit aus wissenschaftlicher Sicht. Dabei werden insbesondere die Vorteile und Gelingensbedingungen einer zwei- und mehrsprachigen Erziehung hervorgehoben, um mit weit verbreiteten Mythen über Mehrsprachigkeit aufzuräumen. Dementsprechend wird auf aktuelle Erkenntnisse der einschlägigen Forschung eingegangen, die nahelegen, dass Mehrsprachigkeit u.a. die Kreativität, die kognitive Flexibilität, das multiperspektivische Denken, die Herausbildung effizienter Problemlösungsstrategien, das Sprachbewusstsein und die Fokussierung der Aufmerksamkeit positiv beeinflussen kann. Den Kern des Rahmenkonzeptes bilden 11 sprachpädagogische Prinzipien, die auf dem Immersionsmodell, einer spezifischen Form der Sprachvermittlung, basieren. Immersion bedeutet, dass es den Kindern ermöglicht wird, in die Zielsprache einzutauchen, ein „Sprachbad“ zu nehmen. „Gebadet werden“ soll dabei in den Minderheitensprachen des Burgenlandes, aber auch alle anderen mitgebrachten Sprachen der Kinder sollen aufgegriffen und in den Kindergartenalltag integriert werden. Das Rahmenkonzept greift zudem einige weitere wichtige Aspekte auf, die zu einer ganzheitlichen durchgängigen Sprachbildung von Kindern beitragen: die Zusammenarbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigten, das interkulturelle bzw. transkulturelle Lernen, und nicht zuletzt Transition, weil der Austausch zwischen den Bildungsstufen eine besondere Rolle in der Bildungslaufbahn im Allgemeinen und in der Sprachentwicklung von Kindern im Besonderen spielt.