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PPH Burgenland im Gespräch…
In ihrer Freizeit liebt sie es zu verreisen und neue Städte und Länder kennenzulernen. Eine weitere Leidenschaft von ihr ist das Kochen.
Petra Hödl hat an der Uni Graz und am University College London (UCL) Sprachwissenschaft studiert und mit der höchsten Auszeichnung „sub auspiciis“ abgeschlossen. In Ihrer Dissertation untersuchte sie eine der Eigenheiten der Aussprache im österreichischen Deutsch.
Seit 2020 lehrt sie an der PPH Burgenland die Fächer Topics in Theoretical Linguistics und Pronunciation. In beiden Fächern geht es um linguistische Fachkenntnisse für Studierende des Lehramts Sekundarstufe Englisch.
Die Sprachwissenschafterin erzählt über ihre Arbeiten.
PPHB: Deutschland und Österreich trennt die gemeinsame Sprache, lautet ein beliebter Spruch. Was klingt typisch österreichisch?
Petra Hödl: Diese Frage ist sehr spannend, aber schwierig zu beantworten. Die Aussprache in Österreich ist nämlich sehr facettenreich und kann je nach Region extrem unterschiedlich sein. Österreichisch klingt im Burgenland anders als in Wien oder in der Steiermark und wieder komplett anders in Vorarlberg. Aber nicht nur unsere Herkunft, sondern auch andere Aspekte wie etwa Alter, Beruf oder Gesprächssituation können eine große Rolle spielen, wie wir bestimmte Dinge aussprechen. Für die überregionale standardnahe Aussprache in Österreich können wir aber bestimmte typische Merkmale feststellen, die uns von der Aussprache etwa in Deutschland unterscheiden. Dazu gehört beispielsweise, dass wir das „s“ am Anfang von Wörtern wie Sonne ohne Stimmton aussprechen. Ein weiteres Beispiel ist die Lautkombination -ig in Wörtern wie König, die in Österreich normalerweise als „-ig“ und nicht als „-ich“ wie in Deutschland realisiert wird.
PPHB: Was war Ihr genaues Forschungsthema und was war ausschlaggebend für diese Wahl?
Petra Hödl: In meiner Dissertation habe ich mich mit der Aussprache und Wahrnehmung der harten Konsonanten p, t und k und der weichen Konsonanten b, d, und g durch österreichische Sprecher_innen beschäftigt. Das Interessante an diesem Forschungsthema ist, dass die Laute „p“ und „t“ in der österreichischen Standardaussprache am Wortanfang manchmal eher wie „b“ und „d“ ausgesprochen werden. Damit können Wörter, die eigentlich unterschiedliche Bedeutungen haben, wie z.B. packen und backen, zum Verwechseln ähnlich klingen. Ich wollte herausfinden, wie ähnlich sich diese Laute jetzt tatsächlich akustisch sind und wie Hörer_innen diese verarbeiten.
PPHB: Was war neu in Ihrem methodischen Vorgehen?
Petra Hödl: Ich habe Personen paarweise mit einem Freund oder einer Freundin beim Lösen einer kommunikativen Bildbeschreibungsaufgabe aufgenommen. Durch diese Methode wollte ich erreichen, dass sich die Personen möglichst natürlich verhalten und nicht zu sehr auf ihre Aussprache achten. Bei früheren Studien lautete die Aufgabe hingegen meistens, Sätze oder Wörter laut vorzulesen. Ich habe also einen anderen Sprechstil untersucht: nicht die Leseaussprache, sondern die Aussprache in ungezwungenen Gesprächssituationen. Zusätzlich habe ich auch ein Wahrnehmungsexperiment durchgeführt. Bei diesem wurde eines der akustischen Merkmale, das die weichen und die harten Konsonanten voneinander unterscheidet, schrittweise manipuliert und deutschen wie auch österreichischen Hörer_innen vorgespielt. Dabei habe ich sie bei jedem Stimulus gefragt, ob sie eher einen harten oder einen weichen Konsonanten hören.
PPHB: Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Petra Hödl: Die akustische Analyse meiner Daten zeigte, dass die harten und weichen Konsonanten deutlich messbare Überlappungen aufweisen, insbesondere bei p, b und bei t, d. In ungezwungenen Gesprächssituationen tendieren wir also dazu, diese Konsonanten sehr ähnlich auszusprechen – viel mehr sogar, als wenn wir sie vorlesen. Es kann aber auch vorkommen, dass wir diese beiden Konsonantentypen klar unterschiedlich aussprechen. Es gibt also eine große Bandbreite an Aussprachearten. Bei der Wahrnehmungsstudie kam heraus, dass österreichische und deutsche Hörer_innen trotz der länderspezifischen Ausspracheunterschiede die Stimuli relativ ähnlich wahrnehmen. In der österreichischen Gruppe gab es aber stärkere Unterschiede zwischen den einzelnen Personen als in der deutschen Gruppe.
PPHB: Sie haben in mehreren Studien analysiert, ab wann ein Laut als hart bzw. weich wahrgenommen wird. Ihr Fazit: 30 Millisekunden machen den Unterschied aus zwischen “backen” und “packen”. Wie kann man so einen kleinen Unterschied messen?
Petra Hödl: Bei dieser Art von Wahrnehmungsstudien werden akustische Reize stufenweise erhöht. Der akustische Reiz, den ich manipuliert habe, war die Zeit, die zwischen Anfang des Konsonanten und Anfang des folgenden Vokals vergeht. Diese Zeit ist natürlich äußerst kurz. Um sie zu messen, benötigt man ein Computerprogramm, mit dem man Sprachaufnahmen als Schallwellen darstellen und ausreichend hineinzoomen kann. Ist das geschafft, kann man den Abstand zwischen Konsonant und folgendem Vokal auch Schritt für Schritt akustisch verändern. So entsteht ein künstliches Kontinuum zwischen einem eindeutig weichen und einem eindeutig harten Konsonanten. Zwischen diesen beiden klaren Endpunkten des Kontinuums sind auch viele einzelne Zwischenschritte, die sich nur durch wenige Millisekunden unterscheiden. Wenn sich nun eine Person alle diese Zwischenschritte anhört und beurteilt, wird sie ab einem bestimmten Punkt von einer Kategorie zur anderen wechseln. Diesen Punkt nennt man dann Kategoriengrenze. Das Faszinierende ist, dass bereits sehr geringe Dauerunterschiede zwischen Sprachlauten einen Effekt auf unser Gehör haben, wenn diese sprachlich relevant sind.
PPHB: Was sind Ihre Forschungspläne für die Zukunft?
Petra Hödl: Derzeit arbeite ich mit einer Kollegin und einem Kollegen aus Zürich daran, die Wahrnehmung von weichen und harten Konsonanten in der Schweiz zu untersuchen. Dabei wollen wir herausfinden, wie Schweizer Hörer_innen mit österreichischen Lauten umgehen und ob sie die gleichen Kategoriengrenzen haben wie die österreichischen und deutschen Versuchspersonen in meiner Dissertationsstudie.
PPHB: Sie lehren an der PPH Burgenland. Was möchten Sie Ihren Studierenden für deren Zukunft als Lehrer_innen mitgeben?
Petra Hödl: Ich möchte meinen Studierenden vermitteln, wie unglaublich faszinierend menschliche Sprache ist und dass theoretisches linguistisches Wissen keineswegs trocken sein muss. Wir sprechen jeden Tag, machen uns aber normalerweise nicht besonders viele Gedanken darüber, wie das überhaupt funktioniert. Die Linguistik hilft uns, genau das bewusst zu begreifen. Das hat viele praktische Vorteile, etwa beim Lernen und Unterrichten von Fremdsprachen. Linguistik macht aber auch einfach sehr viel Spaß. Ich würde mich freuen, wenn ich bei meinen Studierenden das Interesse an linguistischen Phänomenen wecken kann und wenn diese dann in weiterer Folge ihre eigenen Schüler_innen für Sprache begeistern können.
PPHB: Danke für das Gespräch und alles Gute für Ihre weitere Arbeit!