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Symposion des IRPD beleuchtet die Macht der Zivilgesellschaft in einer sich wandelnden Welt

Do it!
Couragiert handeln - das jährliche Symposion des Instituts für Religionspädagogik und Diversität (IRPD) an der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland (PPH Burgenland) bot eine inspirierende Plattform für Religionspädagog:innen und Interessierte, um über die zentrale Rolle der Zivilgesellschaft in einer sich wandelnden Welt zu debattieren.

Unter dem Motto "Die Couragierten. Zeitenwende für die Macht der Zivilgesellschaft" fand die zweitägige Veranstaltung am 30. und 31. August 2023 in der Kulturhalle Neutal statt. Die Eröffnung bot zudem auch die Möglichkeit, Diözesanbischof Dr. Ägidius Zsifkovics zu seinem 60. Geburtstag zu gratulieren.

Die hochkarätigen Referent:innen trugen maßgeblich zu einem spannenden Diskurs bei. Ein Höhepunkt des Symposions war das Impulsreferat von Dr.in Judith Kohlenberger, einer renommierten Kulturwissenschaftlerin und Migrationsforscherin am Institut für Sozialpolitik der WU Wien. Judith Kohlenberger ist bekannt für ihre Forschung und Lehre im Bereich Flucht und Migration, Integration und Zugehörigkeit und zu Transformationsprozessen der Zivilgesellschaft. Sie thematisierte die zahlreichen Herausforderungen, denen unsere Gesellschaft gegenübersteht, darunter Krieg, Verfolgung, Flucht, Pandemie, soziale Verwerfungen, Vermögensungleichheit, demografischer Wandel, Teuerung, Inflation, Digitalisierung und Klimakrise. Diese Herausforderungen stellen unseren Zusammenhalt auf die Probe und können dazu führen, den Mut zu verlieren.
Judith Kohlenberger inspirierte zu einem „größeren Wir“ und warf die Fragen auf, wie ein größeres „Wir“ in Schule und Gesellschaft gelingt und was wir aus sozialen Bewegungen lernen können. Die Referentin definierte Thesen des Miteinanders, wie beispielsweise der Mut als kollektive Ressource und Vielfalt als Chance am Beispiel des NS-Widerstands. Wesentlich ist es, „soziale Energie“ (Hartmut Rosa) zu nutzen und Emotionen zu metabolisieren. Es braucht beides: mutige Pionier:innen und richtige Multiplikator:innen.
„Glaube nie, dass ein paar wenige, engagierte Menschen nicht die Welt verändern können. Denn nur solche Menschen sind es, die es bisher getan haben.“ (Margaret Mead)
Eine kritische Masse ist notwendig und treibt die Veränderung voran. Mut ist in den vielen Couragierten der Zivilgesellschaft zu finden. Die Couragierten sind jene Menschen, die sich weder den Zwängen des Marktes noch denen der Machtsicherung unterwerfen lassen. Sie haben die Freiheit, unabhängig zu denken, zu wollen und zu handeln, was Hannah Arendt als den wesentlichsten Ausdruck einer "lebendigen Menschlichkeit" betrachtete. Für Arendt war Mut daher eine politische Kardinaltugend. Judith Kohlenbergers Vortrag erörterte, wie diese (politische) Tugend aktiviert und für das 21. Jahrhundert aktualisiert werden kann.

Die Referentin stellte Leuchttürme des zivilgesellschaftlichen Handelns und Handlungsoptionen für den Alltag vor. Sie regte dazu an, konstruktive Kräfte in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu bündeln, um gemeinsam die Zeitenwende hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren Welt zu gestalten. Ihr inspirierender Auftakt eröffnete eine lebhafte Diskussion über die transformative Kraft des Mutes in der Zivilgesellschaft. Die Teilnehmenden stürmten geradezu ihre Bücher am Signiertisch.
Am zweiten Tag des Symposions unterstrich P. Dr. Jörg Alt SJ in seinem Vortrag die Dringlichkeit des Handelns und die Notwendigkeit des zivilen Ungehorsams angesichts der Klimakrise. Jesuitenpater Alt ist bekannt für seine sozialethische Forschungsarbeit und sein gesellschaftspolitisches Engagement in Bereichen wie Migration, Globalisierung, Armutsbekämpfung und Klimawandel. Er betonte die existenzielle Bedrohung, die die Klimakatastrophe darstellt und forderte eine Reflexion prägender Werte und Grundlagen, wie wir miteinander zusammenleben wollen und was wir zu verändern bereit sind. Er wies darauf hin, dass trotz des allgemeinen Wissens über die notwendigen Maßnahmen zur Verlangsamung oder Umkehrung des Klimawandels die Politik und die Gesellschaft oft untätig bleiben.
P. Jörg Alt SJ unterstützte die Idee, dass ziviler Ungehorsam und ziviler Widerstand gerechtfertigt sind, wenn es um existenzielle Angelegenheiten geht und andere Formen des Engagements erfolglos geblieben sind. Er argumentierte, dass angesichts der brennenden Welt die Inhaftierung von Klimaaktivist:innen keine Lösung sei und dass Naturgesetze nicht verhandelbar seien. Statt Stigmatisierung und politischer Absichtserklärungen seien dringend Lösungen erforderlich.

Pater Alt solidarisierte sich mit der Letzten Generation und rief dazu auf, die Zeit für Nettigkeiten zu beenden und stattdessen unignorierbare Störungen zu schaffen, um die Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenken. Die reicheren Nationen haben eine „ökologische Schuld“ angehäuft, die bezahlt werden muss. Die Staats- und Regierungschefs müssen auf die Wissenschaft hören und einen schnellen und gerechten Übergang einleiten, so P. Alt, der Papst Franziskus zitiert: „Regierungschefs müssen Ära der fossilen Brennstoffe beenden.“
Die Direktorin des Schulamtes und des Gymnasiums der Diözese Eisenstadt HR Mag. Andrea Berger-Gruber M.A. informierte über neue Entwicklungen, wie die in einigen Projekten angebotenen dialogischen Formen des Religionsunterrichtes (dk:RU). Derzeit gibt es Kooperationen mit dem evangelischen und dem orthodoxen Schulamt. Das Konzept des dk:RU sieht Pluralität nicht als Erschwernis, sondern als Bildungschance und Möglichkeit, die eigene Identität zu stärken. Schulamt und IRPD teilten neu übersetzte Religionsbücher auf Burgenlandkroatisch für die 2. Schulstufe Grundschule „Sastajemo se i svečujemo - Begegnen und feiern“ aus. Die KJ/KJs und die Dreikönigsaktion der Diözese stellten interessante Angebote für Schulen vor. Das „Feel the Pulse“- Team wartete abschließend mit einem besonderen Geschenk auf.

Mitte und Zentrum des Symposions war wie jedes Jahr die Heilige Messe in der Pfarrkirche Neutal. Hierbei wurden neue Religionslehrer:innen gesegnet und Pensionist:innen verabschiedet. Generalvikar Mag. Michael Wüger formulierte eindringlich: „Es gibt nur einen Grund, auf einen Menschen herabzuschauen, und zwar dann, wenn du ihm aufhilfst“. „mehr:stimmig“, Chor und Band der Religionslehrer:innen der Diözese Eisenstadt & friends unter der Leitung von Adele Grill gestaltete den Gottesdienst musikalisch mit. Der Spirit des Gottesdienstes lockt jedes Jahr zahlreiche Menschen in die Pfarrkirche. So kann ein Schul- und Studienjahr mutig und couragiert begonnen werden.