Sabine Weisz, Rektorin der PPH Burgenland, eröffnete die Veranstaltung: „Das 2019 gegründete Forum4Burgenland hat als Bildungsforum die Unterstützung von Pädagog_innen und Bildungseinrichtungen zur Förderung unserer heimischen Volksgruppensprachen im Fokus. Zu diesem Zweck werden unter anderem zeitgemäße Lehr- und Lernmaterialien entwickelt und zur Verfügung gestellt, um die burgenländische Sprachenvielfalt an die nächsten Generationen weiterzugeben. Weiters organisiert das Forum4Burgenland Webinare und Präsenzveranstaltungen zu zentralen, aktuellen Befunden in den Themenfeldern Mehrsprachigkeit und Interkulturalität.“
Bildungslandesrätin Daniela Winkler betonte den hohen Stellenwert der Volkgruppen im Land: „Die Identität des Burgenlandes ist geprägt von seiner landschaftlichen, kulturellen und sprachlichen Vielfalt und dem friedlichen und harmonischen Zusammenleben der Volksgruppen. Es ist uns nicht nur gelungen, diese kulturellen Besonderheiten der anerkannten Volksgruppen zu bewahren, sondern stärker zu integrieren und zu vernetzen. Das Burgenland ist ein Beispielland für Toleranz, für ein friedvolles, aufgeschlossenes Miteinander. Dazu braucht es bereits in den Schulen und Kindergärten einen entsprechenden Zugang und gegenseitige Kontaktpflege. Das Forum4Burgenland ist mit seiner Tagung ein wichtiger Partner, um die Rolle und Aufgabe des Schulwesens zu diskutieren.“
Nach einer Diskussionsrunde in Form von zweisprachigen Interviews, bei denen sich die Volksgruppenbeiräte über ihre Rolle und Aufgaben im Schulwesen sowie Möglichkeiten einer Verbesserung der zweisprachigen Bildungsangebote austauschten, wurden die Schulprojekte zu 100 Jahre Burgenland „Roma im Burgenland“ der zweisprachigen Mittelschule Großwarasdorf, „Musiktheater Friedensland Burgenland“ des Zweisprachigen Bundesgymnasiums Oberwart, „Oj JE-rusa-LENA“ der Volksschule Hornstein sowie ein Filmbeitrag zu Schulprojekten der zweisprachigen Schulen präsentiert.
Dazu Heinz Josef Zitz, Bildungsdirektor für Burgenland: „100 Jahre Burgenland bedeuten zugleich 100 Jahre Bildungsgeschichte Burgenland. Dabei blicken wir zurück auf außergewöhnliche Leistungen, herausragende Errungenschaften und enormes Potenzial an Möglichkeiten. Mit Innovation, Zeitgeist und Engagement planen und arbeiten wir für die Zukunft. Besonders im Bildungsbereich wurde das Burgenland durch herausragende Leistungen zum Bildungsland. Mit unserem vielfältigen und mehrsprachigen Bildungsangebot wollen wir allen Kindern und Jugendlichen auch in Zukunft die gleichen Chancen und besten Möglichkeiten bieten. Das Forum4Burgenland leistet dazu für unsere Volksgruppen einen wichtigen Beitrag.“
Der Vizerektor der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland, Herbert Gabriel, stellte die Ergebnisse der Jugendstudie „Lebenswelten 2020 – Werthaltungen junger Menschen in Österreich“ mit besonderem Fokus auf die autochthonen Minderheiten im Burgenland vor. Erhoben wurden in dieser Studie die individuellen Einstellungen, Haltungen und Meinungen zu zentralen gesellschaftsrelevanten Themen wie z.B. Freunde, Freizeit, Beruf, Lebensgefühl, Religion und Glaube oder die Lebenswelt Schule der Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren aus Österreich. Im Burgenland wurden ergänzend dazu die Einstellungen und das Wissen der Jugendlichen zu den autochthonen Minderheiten und der Sprachen Burgenlandkroatisch, Ungarisch und Burgenland-Romani abgefragt.
Während ein Großteil der burgenländischen Jugendlichen Mehrsprachigkeit sowohl im persönlichen als auch im schulischen Umfeld als Bereicherung ansieht und Mehrsprachigkeit im beruflichen Kontext als Chance wahrnimmt, fühlt sich nur etwas mehr als ein Viertel der mehrsprachigen Jugendlichen von ihren Lehrer_innen in ihrer Mehrsprachigkeit gefördert. Die Zugehörigkeit burgenländischer autochthoner Minderheitensprachen zu Österreich wird nicht gleichwertig im Vergleich zur deutschen Sprache bewertet. Die Geschichte der burgenländischen autochthonen Minderheiten ist den Jugendlichen im Burgenland nicht ausreichend bekannt. Daraus leitet sich unter anderem die Notwendigkeit ab, dass Wissen über autochthone Minderheiten und deren Sprachen fester Bestandteil österreichischer Lehrpläne sein sollte.
Darüber hinaus konnte die Wanderausstellung „100 Jahre Burgenland und seine Volksgruppen“ besucht werden.
Burgenländische Volksgruppenbeiräte zum Forum4Burgenland:
Iris Zsótér, Vorsitzende des Volksgruppenbeirats für die ungarische Volksgruppe: „Mit der Gründung des Forum4Burgenland vor drei Jahren setzte die Private Pädagogische Hochschule Burgenland einen zentralen Schritt zur Förderung der heimischen Volksgruppensprachen Burgenland-Roman, Kroatisch und Ungarisch im eigenen Bildungsangebot, und intensivierte damit einhergehend den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Vereinen und mit der Bildungsdirektion. Die Bündelung dieser Kräfte ermöglicht eine gezielte Kooperation bei der Planung von Fortbildungsangeboten, bei der Erstellung von Unterrichtsmaterialien sowie bei der Durchführung von volksgruppenspezifischen Projekten. Die in den Arbeitssitzungen zusammengeführten Synergien machten die Volksgruppensprachen unter dem Motto „Raum4Sprache&Kultur“ im letzten Jahr in einer Webinarreihe und nun in der Präsenzveranstaltung im Kulturzentrum Eisenstadt sichtbar.“
Martin Ivancsics, Vorsitzender des Volksgruppenbeirates der Burgenländischen Kroaten: „Wie gut und richtig die Einrichtung des Forum4burgenland für das burgenländische Bildungswesen ist, haben wir heute erlebt. Die Zusammenarbeit der Volksgruppen mit den wichtigsten Bildungs-einrichtungen des Landes eröffnet neue Möglichkeiten für die zweisprachige Ausbildung unserer Kinder. Für alle Schulen gilt derselbe Lehrplan für den Unterricht. Wir brauchen Schulbücher und Unterrichts-materialien in der Sprache der jeweiligen Volksgruppe. Wir brauchen den Erfahrungsaustausch der Pädagog_innen über die Unterrichtspraxis und Anregungen für neue Wege. Wir brauchen dazu auch Zusammenarbeit mit der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland und der Bildungsdirektion für Burgenland. Die Veranstaltung „Lebenswelten“ hat das sehr deutlich gezeigt. Was wir hier gehört und diskutiert haben, gibt uns wichtige Hinweise für weitere Verbesserungen. Vor allem baut es uns auf, dass unsere Schüler_innen sehr offen für die Zweisprachigkeit sind.“
Emmerich Gärtner-Horvath, Vorsitzender des Volksgruppenbeirats der Roma: „Forum4Burgenland ermöglicht der Volksgruppe der Roma, sich mit den anderen burgenländischen Volksgruppen – Kroaten und Ungarn, der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland und der Bildungsdirektion für Burgenland auszutauschen, Projekte zu entwickeln und zu präsentieren.
Die Volksgruppe der Roma hat einen großen Aufholbedarf: Die gesellschaftliche Anerkennung, Abbau der Diskriminierung, Bildungsarbeit, Stärkung der Identität der Roma-Jugendlichen, Erstellung von Lehr-materialien in Burgenland-Romani, Aufarbeitung der Geschichte – all das sind Themen, die uns Roma beschäftigen und welche, so schnell wie möglich, gelöst werden müssen. Mit Forum4Burgenland wurde ein Gremium ins Leben gerufen, mit dem die Volksgruppe der Roma im Burgenland sich auf dem besten Weg befindet.“
Diese Veranstaltung wurde vom Bundeskanzleramt aus Mitteln der Volksgruppenförderung gefördert.