Vielfalt in den Sprachen – Teil der Identität
Eva Gröstenberger, Leiterin der Stabstelle Minderheitenschulwesen an der PPH Burgenland im Interview mit PH-WIR.

PH-WIR: Eva Gröstenberger, können Sie uns die Aufgaben der Stabstelle für Minderheitenschulwesen skizzieren?
Eva Gröstenberger: Sprachliche Vielfalt ist Ausdruck der burgenländischen Identität und seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung an der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland. Die PPH Burgenland kooperiert seit Jahren mit der Bildungsdirektion Burgenland (Minderheitenschulwesen) sowie den burgenländischen Kulturvereinen. Die Stabstelle Minderheitenschulwesen wurde mit dem Ziel etabliert, die bereits bestehenden Initiativen im Kontext dieser Kooperationen zu intensivieren bzw. zu institutionalisieren. Dadurch sollen die gemeinsamen Aktivitäten auch verstärkt sichtbar gemacht werden.
PH-WIR: Welche Studiengänge und Hochschullehrgänge bietet die Private Pädagogische Hochschule Burgenland im Kontext des Minderheitenschulwesens an?
Eva Gröstenberger: Mit dem Schwerpunkt Mehrsprachigkeit im Bachelorstudium Primarstufe sowie den Hochschullehrgängen für den zweisprachigen Unterricht an Volksschulen (Burgenlandkroatisch, Ungarisch) und neuen Mittelschulen (Ungarisch) trägt die Private Pädagogische Hochschule Burgenland dem zweisprachigen Bildungswesen Rechnung. Zudem können Studierende der Pädagogischen Hochschule das Unterrichtsfach Burgenlandkroatisch/Kroatisch im Lehramt Sekundarstufe wählen und sich auch im Rahmen des Primarstufenlehramts im Masterstudium im Fach Kroatisch vertiefen. Auch bieten wir bereits im Dienst stehenden Kroatisch- oder Ungarischlehrer_innen, die ein Masterstudium in der Primarstufe absolvieren wollen, ab dem nächsten Schuljahr das dafür erforderliche Erweiterungsstudium „Mehrsprachigkeit“ an.
PH-WIR: Wird das Angebot von Student_innen der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland angenommen?
Eva Gröstenberger: Im Bereich der Minderheitensprachen haben wir es in der Ausbildung natürlich immer mit kleinen Gruppen von Studierenden zu tun; das liegt in der Natur der Sache. Wie wir in den letzten Tagen und Wochen in den Medien erfahren konnten, werden vor allem an den zweisprachigen Volksschulen Kroatischlehrer_innen benötigt. Lehramtsstudierende, die den Schwerpunkt Mehrsprachigkeit mit der Vertiefung Kroatisch wählen, haben sehr gute Berufschancen. Wir hoffen daher, dass auch die oben erwähnten neuen Angebote gut angenommen werden. Ich möchte aber auch die Fortbildung erwähnen, weil die Burgenländisch- Kroatisch – und Ungarischlehrer_innen in diesem Bereich besonders stark vertreten sind und die Weiterbildungsmöglichkeiten an der PPH Burgenland sehr gerne nützen. Besonders freut es mich, dass jedes Studienjahr auch Seminare angefordert werden, die die Minderheitensprachen mit dem Einsatz digitaler Medien verbinden.
PH-WIR: Wie unterstützt die Stabstelle Minderheitenschulwesen Pädagog_innen bei der täglichen Arbeit im zweisprachigen Klassenzimmer?
Eva Gröstenberger: Hier ist neben dem zuvor erwähnten Fortbildungsangebot vor allem die sogenannte Sprachenwerkstätte zu erwähnen. Durch den Aufbau dieser Sprachenwerkstätte ist für das Burgenland eine infrastrukturelle Möglichkeit für laufende Tätigkeiten der ständigen pädagogischen Arbeitsgemeinschaften der burgenländischen Volksgruppen und für Projekte zur Unterrichtsentwicklung der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland geschaffen worden. Die Ergebnisse dieser jahrelangen, erfolgreichen Zusammenarbeit sind unter anderem Schulbücher und Unterrichtsbehelfe für das zweisprachige Schulsystem sowie deren Evaluierung in Forschungsprojekten. Die Mitarbeiter_innen der Sprachenwerkstätte entwickeln laufend neue, innovative, analoge sowie digitale Unterrichtsmaterialien, die auf LMS.at gesammelt und strukturiert zur Verfügung gestellt werden. (Sprachenwerkstätte Portal)
PH-WIR: Welche konkreten Schritte werden in Ihrer Stabstelle derzeit gesetzt?
Eva Gröstenberger: Ganz konkret arbeiten wir derzeit an den Vorbereitungen zu einer konstituierenden Sitzung eines neuen Bildungsforums mit Fokus auf die burgenländischen Volksgruppensprachen, das von der PPH Burgenland initiiert wurde.
PH-WIR: Was ist Ihre Zukunftsvision für Ihre Stabstelle?
Eva Gröstenberger: Ich denke, dass wir im Moment auf einem sehr guten Weg sind. Ein Alleinstellungsmerkmal der PPH Burgenland sind eindeutig die Angebote rund um die Minderheitensprachen. So sind wir zum Beispiel die einzige Hochschuleinrichtung in Österreich, die eine Lehramtsausbildung im Sekundarbereich für die Volksgruppensprache Burgenland-Kroatisch ermöglicht. Für die Zukunft würde ich mir noch mehr Einbindung des Minderheitenschulwesens in die Forschung an der PPH Burgenland wünschen, sei es in Bachelor- und Masterarbeiten oder in Forschungsprojekten. Auch streben wir eine Zusammenarbeit bzw. einen Austausch mit anderen tertiären Einrichtungen in europäischen Ländern mit Minderheitensprachen an.
PH-WIR: Danke für das Gespräch und alles Gute für Ihre weitere Arbeit!