Der Physiker Günter Wind im Interview mit PH-WIR
Günter Wind ist Physiker und Lektor an der Fachhochschule Burgenland in Pinkafeld. Er hat neben seinen technischen und wissenschaftlichen Erfahrungen auf dem Gebiet der regenerativen Energien in früheren Jahren auch Praxis als Lehrer in Oberstufenschulen gesammelt. Seit 1996 ist er selbstständig. Im Rahmen seines Ingenieurbüros erbringt er Dienstleistungen auf dem Gebiet der Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energie (Photovoltaik, Biogasanlagen, Biomasse-Nahwärme, Wind). Günter Wind arbeitet ehrenamtlich im Verein SOL (Menschen für Solidarität, Ökologie, Lebensstil) und dessen Regionalgruppe panSol.
PH-WIR: Sie haben im Projekt „Energie Wenden“ mitgewirkt. Warum ist es Ihnen wichtig, dass die Schüler_innen erneuerbare Energien erforschen und entwickeln? Was war Ihre Aufgabe in diesem Projekt?
Günter Wind: Kinder sind die am meisten Betroffenen, die das ausbaden werden, was wir an Schäden auf dieser Erde angerichtet haben. Deshalb ist es besonders wichtig, sie gerade in diesem Bereich zu sensibilisieren, damit sie wissen, worum es wirklich geht. Im Klimaschutz wird vieles gemacht, vieles verzerrt, oft aus wirtschaftlichen Gründen. Deshalb war es uns sehr wichtig im Rahmen dieses Projektes Methoden und Materialien zu entwickeln, damit die Schüler_innen die Fakten erfahren und wissen, worum es im Bereich von erneuerbarer Energie in Zukunft wirklich geht.
Im „Energie Wenden“ Projekt konnte ich all meine bisherigen Erfahrungen einbringen, sowohl von meiner früheren Unterrichtstätigkeit als Lehrer als auch von meinen Forschungstätigkeiten im Bereich erneuerbarer Energie.
PH-WIR: Das Projekt „Energie-Wenden“ ist im November 2019 zu Ende gegangen. Welche Bilanz ziehen Sie?
Günter Wind: Wir haben versucht Schüler_innen für das Thema zu sensibilisieren und haben zumindest ein kleines Pflänzchen gesetzt. Man muss natürlich daran weiterarbeiten. Das ist auch der Grund, warum wir Unterrichtskonzepte und -materialien rund um die Energie-Wende entwickelt haben, die für Lehrer_innen auf einer Website zum Download bereitgestellt werden.
PH-WIR: Können aus Ihrer Sicht Greta Thunberg und die Klima-Demos „Fridays for Future“ etwas bewirken?
Günter Wind: Für mich besteht das Besondere an Greta Thunberg darin, dass sie als Schülerin streikt, obwohl Schüler_innen grundsätzlich kein Streikrecht haben. Sie macht es dennoch, wodurch sie Aufmerksamkeit erregt und vieles in Schwung bringt, nicht nur in den Schulen, sondern auch im allgemeinen Denken.
Es geht in erster Linie für manche Schüler_innen gar nicht so sehr um den Klimawandel, sondern darum mitzumachen, und so werden sie indirekt mit dem Thema des Klimawandels konfrontiert. Auch die betroffenen Lehrer_innen und Direktor_innen sind gezwungen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken, und diese breite Resonanz hat wiederum Einfluss auf die Politik. Ich glaube, dass Greta Thunberg damit indirekt einen wesentlichen thematischen Beitrag zur letzten Nationalratswahl geleistet und diese entscheidend beeinflusst hat. Faktum ist, dass die Erderwärmung voll im Gang ist.
PH-WIR: Wo können wir in Europa ansetzen?
Günter Wind: Ansatzpunkte sind: die Einführung einer CO2-Steuer, CO2-Grenzabgabe etc. Dass eine CO2-Steuer wirtschaftlich möglich ist, sieht man am Beispiel Schwedens, das die höchste CO2-Steuer weltweit hat und trotzdem ein wesentlich höheres Wirtschaftswachstum als Österreich vorweist.
Mein Slogan: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen sich an den technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten orientieren. Was umweltfreundlich ist, muss automatisch attraktiver werden. Die Menschen sind nicht dumm. Wenn es um den eigenen Nutzen geht und ökonomische Vorteile daraus erwachsen, dann besteht auch die Bereitschaft, diese Maßnahmen mitzutragen. Die Erhaltung der Umwelt muss einen besonderen Wert darstellen.
PH-WIR: Sie arbeiten derzeit an Entwicklungshilfe und erneuerbarer Energie in Tansania.
Günter Wind: Was mich bewogen hat in Tansania aktiv zu werden, war die Tatsache, dass es noch wenig Energieversorgung gibt und dass man jetzt von Beginn an sofort auf erneuerbare Energie setzen kann. Über die FH Burgenland haben wir mit der technischen Universität in Tansania eine Partnerschaft unterzeichnet. Gemeinsam wickeln wir Projekte mit erneuerbarer Energie ab, so z. B. für Schulen, um sie mit Strom zu versorgen. Auch die Private Pädagogische Hochschule Burgenland hat uns Computer, Bildschirme und Festplatten für eine an einem Krankenhaus angeschlossene medizinisch-technische Schule zur Verfügung gestellt.
PH-WIR: Können Sie uns zum Schluss noch einige Tipps für den Alltag geben?
Günter Wind: Nichts Unnötiges kaufen, um den Energie- und Rohstoffverbrauch in der Herstellung zu vermeiden. Auch das Entsorgen kostet zu viel Geld und verursacht Müll und Arbeit.
Regional und saisonal kaufen: Heimische Produkte sind gut, wenn man Lagergemüse kauft, nicht aber wenn man Gemüse oder Obst kauft, die von beheizten und teilweise künstlich beleuchteten Glashäusern kommen. Das ist vom Standpunkt des Klimaschutzes schädlicher als ein Flugzeugtransport aus Südafrika, was wir natürlich auch vermeiden sollten.
Sehr viel kann man im Verkehr beitragen. PKW-Fahrten vermeiden, bündeln, mit dem Rad oder Öffis fahren. Und natürlich die Energie im Haushalt überall bewusst einsetzen: kurz und kräftig, aber regelmäßig lüften – keine gekippten Fenster in der Heizsaison, sofern man nicht ohnehin eine automatische Lüftung mit Wärmerückgewinnung hat. Warmwasser bewusst und sparsam einsetzen, beim Kochen die Platte auf die kleinste Stufe zurückschalten, wenn es im Topf brodelt …
PH-WIR: Danke für das Gespräch und alles Gute für Ihre weitere Arbeit!