Kommunikation in besonderen Zeiten

Wir* sehen unseren Beitrag als persönliche Reflexion und Einladung zu einem Diskurs. Wir fänden es spannend, über ähnliche oder auch abweichende Sichtweisen in einen Erfahrungsaustausch zu gehen, und laden gerne dazu ein.

Corona – ein eigenes Universum. ZIB-Moderator_innen zeigen ihr Privatleben in Containern. Das Leben bekommt einen besonderen Fokus. Aus ebendiesen Gründen haben wir entschieden, diesen Beitrag persönlich zu gestalten. Wo wir hinsehen? Nach innen, zu uns. Introspektion also. Dieser Beitrag enthält unsere Wahrnehmung, Teile unseres Erlebens und Fragen, die sich für uns ergeben haben.

Wir kennen einander seit ca. 6 Monaten. Unsere Kernkompetenz ist Kommunikation in anspruchsvollen Situationen. Es gibt ein gemeinsames Arbeitsprojekt, Schulklima 4.0, und das Bekenntnis, dieses zu planen und durchzuführen. Die hektische Vor-Corona-Betriebsamkeit hat einige Meetings miteinander zugelassen, in denen tragfähige Arbeitspakete geschnürt wurden. Zugegeben: Viel war schon durchdacht bis dahin. Dann kam der Lockdown: Scheinbarer Stillstand der Zeit, des Systems. Keine Treffen, keine Sitzungen, keine Termine vor Ort? Völlig neue Herausforderungen. Zunächst war großer Stress spürbar – wie sollen wir jetzt weiter vorgehen? Aus kommunikationstheoretischer Sicht durchaus interessant.

Was folgte, waren lange Telefonate und Videokonferenzen, ein genaues Kennenlernen der fachlichen und persönlichen Kompetenzen im Nebenbei und eine Vervollständigung des Bildes voneinander: die Wohnsituation, der Betreuungsstress, der Kinderspaß, das Wetter vor Ort ... Ein sehr persönliches Bild, das Puzzlesteine beinhaltet, die so schnell niemals ihren Platz gefunden hätten. Der Arbeitsprozess veränderte sich, Aufgabenverteilungen erfolgten gleichsam implizit und scheinbar von selbst. Die Qualität der Zusammenarbeit – fachlich und menschlich – hat einen Horizont erreicht, den es sonst (noch) nicht hätte geben können. Zwei besondere Wochen.

Ist durch die Einschränkungen wechselseitiger Begegnung nur etwas verloren gegangen oder können auch Chancen darin liegen? Und bedeutet (begrenzte) digitale Kommunikation ausschließlich größere Distanz oder möglicherweise auch in bestimmten Bereichen größere Nähe? Hat diese besondere Situation ermöglicht, Einblicke in Menschen zu gewinnen, die uns umgeben, mit denen wir arbeiten, die anders wohl eher nicht möglich gewesen wären? Und wenn das so ist: Welche Wirkung hat das, und was werden wir hiervon (für uns) mitnehmen?

Klar ist, dass besonders in Zeiten, in denen nach Orientierung gesucht wird, die mit Sorgen ebenso wie hektischer Betriebsamkeit gefüllt sind, besondere Sorgfalt auf die wechselseitige Interaktion gelegt werden muss. Hierbei begegnet uns derzeit vielerorts eine interessante Ausgestaltung von Kommunikation: Mails und Nachrichten werden – da sie plötzlich hauptsächliches, fast alleiniges Medium zum Transport von Inhalts- und Beziehungsbotschaften geworden sind – achtsamer formuliert. Es erfolgt auch eine wohlwollendere Auslegung möglicher Missverständnisse.

Besondere Bedeutung in dieser Situation hat das Maß an Empathie(fähigkeit). Die Kanäle, Beziehung förderlich und fürsorglich zu gestalten – insbesondere im persönlichen Kontakt – reduzieren sich. Hierdurch ergeben sich vielfältige Möglichkeiten von Eskalationsmechanismen. Ergänzende Optionen für Deutungshinweise stehen in Telefonaten, Nachrichten und Videokonferenzen nicht im Ausmaß einer persönlichen Begegnung zur Verfügung.

All das bringt eigentlich vielfältige Probleme mit sich. Vielleicht schärft das aber eben auch den Fokus für die Bedeutsamkeit achtsamer Begegnung. Vielleicht ermöglicht das eigene (und zugleich gemeinsame) Erleben der aktuellen Situation einen Zugang zueinander, der Beziehungen und deren Bedeutsamkeit stärkt. Selten wurde in der Erfahrung der Autor_innen derart intensiv versucht, darauf zu achten, dem persönlichen (Wohl)Empfinden in Arbeitssettings so großen Raum zu geben.

Offen ist die Frage, was wir hieraus als Menschen und Organisationen für „nach der Krise“ mitnehmen. Belastungsfaktoren sind auch ohne Covid-19-Krise vielfältig. Nähe, Gehört-Werden, für das Umfeld als bedeutsam wahrgenommen zu werden; das und vieles mehr sind Aspekte, die von wechselseitiger Empathie und der Fähigkeit, achtsam miteinander in Beziehung zu treten – und hierfür ist Kommunikation unser Instrument – geprägt und beeinflusst werden.

Die bewusste Besinnung auf diese Aspekte und Wirkungen bedeutet auch ein Bewusstmachen ihrer Wertigkeit – und unser aller Möglichkeit, sie sorgsam einzusetzen – unabhängig vom täglichen Arbeitsumfeld.


* Elisabeth Muik und Florian Wallner sind Mitarbeiter_innen der PPH Burgenland.