Vladan Čutura im Gespräch mit PH-WIR
Vladan Čutura ist seit Oktober 2019 Lektor für die kroatische Sprache an der Privaten Pädagogischen Hochschule Burgenland. Der promovierte Philologe (Sprach- und Literaturwissenschaftler) aus Zagreb und Autor von wissenschaftlichen Artikeln und Büchern hat als kroatischer Sprachlehrer und Fachassistent im Ministerium für Wissenschaft und Bildung der Republik Kroatien gearbeitet.
PH-WIR: Was ist Ihre Tätigkeit an der PPH Burgenland?
Vladan Čutura: Ich unterrichte die kroatische Sprache im Unterrichtsfach Burgenlandkroatisch/Kroatisch und bin für die Vermittlung von angewandter Sprachwissenschaft und Didaktik im Sprachunterricht zuständig. Darüber hinaus betreue ich die Literatursammlung in der Bibliothek der PPH Burgenland und arbeite an der Digitalisierung von Unterrichtsmaterialien in kroatischer Sprache. Zuletzt war ich auch Jurymitglied bei der Sprachen-Trophy an der PPH Burgenland.
PH-WIR: Sie sind Sprach- und Literaturwissenschaftler. Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?
Vladan Čutura: Diese liegen auf dem Gebiet der Populärkultur (Musik, Krimis, Filme), insbesondere in Bezug auf Kriminalwissenschaften und der zeitgenössischen Balkangeschichte während der Zeit des Sozialismus.
PH-WIR: Was war aus Ihrer Sicht charakteristisch für diese Zeitspanne?
Vladan Čutura: Obwohl sich Jugoslawien ziemlich von anderen sozialistischen Ländern unterschied, war die Zeit des Sozialismus geprägt von wirtschaftlichen und politischen Einschränkungen, man könnte auch Jugoslawien als einen „Raum der Nichtfreiheit“ bezeichnen. Einzig die Kultur in Jugoslawien hob sich davon ab, was sehr seltsam ist, und war offen und frei für westliche Einflüsse. Dies unterscheidet das ehemalige Jugoslawien von anderen sozialistischen Gesellschaften, weshalb der jugoslawische Sozialismus heute oft als „Coca-Cola Sozialismus“ bezeichnet wird.
PH-WIR: Gibt es Unterschiede zur „Jetztzeit“?
Vladan Čutura: Heute ist Kroatien ein demokratisches Land, Teil der Europäischen Union und ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein europäisches Projekt auf die Wirtschaft, den Austausch von Ideen und die Menschen auswirkt.
PH-WIR: Populärkultur in Jugoslawien und ihre Rolle beim Zusammenbruch des Kommunismus ist auch eine ihrer Forschungsschwerpunkte. Welche Rolle hat sie dabei gespielt?
Vladan Čutura: Kultur mit westlichen Einflüssen in Jugoslawien hatte großen Einfluss auf den Zusammenbruch des Kommunismus. Im Großen und Ganzen fiel die Berliner Mauer nicht unter Granaten und Bomben, sondern wegen der westlichen Kultur von Hollywood, Rock'n'Roll und der technologischen Entwicklung. Das ist die Beziehung, die mich interessiert - Ideologie und Kultur sowie Ideologie und Bildung. Kultur und Bildung bringen immer Offenheit und Erleuchtung, regen die Neugier an und bewirken positive Veränderungen.
Vladan Čutura ganz privat ...
PH-WIR: Ihr Bezug zur deutschen Sprache?
Vladan Čutura: Ich lerne Deutsch seit der Grundschule und hatte also schon Grundkenntnisse, bevor ich nach Österreich gekommen bin. Deutsch ist eine Sprache, die ich schon immer gemocht habe, aber auch eine große Herausforderung für mich. Ich habe in Österreich wieder angefangen, meine Kenntnisse in Intensivkursen zu verbessern. Mein Ziel ist es, in Zukunft Bücher auf Deutsch lesen zu können. Sprachen zu lernen macht mir große Freude. Neben Deutsch habe ich Kenntnisse in Englisch und Ungarisch.
PH-WIR: Ihr Leben in Eisenstadt?
Vladan Čutura: Eisenstadt passt sehr gut zu mir, weil es eine ruhige Stadt ohne Stress ist, umgeben von Natur und Weingütern, es ist wunderschön. Auch die Burgenländer_innen sind sehr hilfsbereit, zuvorkommend und gastfreundlich. Ich habe oftmals erlebt, dass sie im Restaurant und in der Arbeit auf mich zukommen und spontan ein Gespräch beginnen.
PH-WIR: Mit welchen neuen und persönlichen Herausforderungen sind Sie in der Corona-Krise konfrontiert?
Vladan Čutura: Wir haben gelernt flexibler in unserer Arbeit zu sein. Unsere Sprachgruppe ist klein, deshalb kann ich via Skype unterrichten. Ich habe das Gefühl, dass die Studierenden sich über unsere Skype-Meetings und den Unterricht freuen. Es war ein anderes Gefühl in Isolation zu reden, zu lernen und Aufgaben zu lösen. Studierende hatten mehr Zeit Bücher zu lesen, Filme zu sehen und Essays zu schreiben, so dass wir den Unterricht mit zusätzlichen Inhalten bereichert haben, auch wenn der menschliche Kontakt nicht ersetzt werden kann. Während dieser Krise erlebte Zagreb auch ein schweres Erdbeben. Dies war eigentlich eine schwierige Zeit für uns alle, aber ich denke und hoffe, dass wir daraus etwas gelernt haben und als bessere Menschen aus der Krise hervorgegangen sind.
PH-WIR: Danke schön für das Interview!