Frank Berzbach: Die Kunst ein kreatives Leben zu führen. Anregung zu Achtsamkeit.
Schmidt Verlag 2013.
ISBN 9783874398299
Um Antworten auf das Phänomen der Kreativität hat sich die Soziologie der letzten Jahrzehnte bemüht. So untersuchte Andreas Reckwitz, wie es dazu kam, dass im 20. Jahrhundert das Ideal der Kreativität in der Kunst, Psychologie bis hin zur Ökonomie florierte. Bereits davor widmete Hans Joas eine Studie der Notwendigkeit, den kreativen Charakter des menschlichen Handelns herauszuarbeiten. Wer sich mit weniger Theorie herumschlagen will, sei auf Frank Berzbachs leicht zu lesende Anleitung verwiesen.
Ausgangspunkt des Buches ist der Arbeitsalltag als Ausnahmezustand, der zur Regel geworden ist. Oder wie es der Schriftsteller Anton Tschechow formulierte: „Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag.“ Das scheint passend zu sein, geht es doch aktuell um den sanften Übergang eines krisenbehafteten Lockdowns in einen Alltag. Gleichsam um die Rückführung einer „neuen Realität“, wie die Regierung immer wieder verlauten ließ, in die „alte Realität“.
Wie das Leben in beiden Realitätsformen gelingen kann, davon handelt dieses Buch. Es geht darum, über sich selbst nachzudenken, sich selbst zu erkennen und über sich selbst und sein Leben zu bestimmen. Berzbachs Ausführungen stiften Impulse, doch diese treiben nur insoweit zur Erkenntnis an, als man sich selbst darauf einlässt. Insofern kann man das Buch einfach lesen, man kann sich auch anregen lassen und bei Gedanken verweilen, man kann vereinzelte Gedanken auch in das eigene Leben übersetzen. Gerade weil der Mensch einen Anspruch darauf hat, glücklich zu sein, lohnt es sich, danach zu streben.
Berzbachs wirklich optisch ansprechendes (in kupferfoliengeprägtem Flexcover) und philosophisch anregendes Kleinod regt dazu an, mit wohldosierter Demut von den religiösen Traditionen zu lernen und sich auf Innovationen einzulassen. Auf unterschiedlichen Ebenen wird Altbekanntes so gesagt, dass sich die Bilderkraft der Worte im Gedächtnis seiner Leser_innen einnisten kann: „Man muss sehen lernen, und das verlangt sehr viel mehr als die Bedienung eines Apparates oder von Marktsegmenten.“ Ob all die Einsichten stimmig sind? Jedenfalls lohnt es sich, darüber nachzudenken: Sind die gängigen Büros heute tatsächlich alles nur keine Orte, die es erlauben, sich in einem atmosphärisch stabilen Arbeitsnest einzurichten? Zwar bringen die unpersönlichen Bürokratieengen funktionale Vorteile, doch sie hemmen bei kreativen Prozessen: „Die moderne Büroarchitektur hat es geschafft, das konzentrierte Arbeiten ins Homeoffice abzudrängen.“ Saßen wir nicht erst kürzlich dort fest?