Gastkommentar

Tanja König ist Geschäftsführerin des Österreichischen Roten Kreuzes Burgenland (ÖRK). Im Gespräch mit PH-WIR stellt sie unter anderem die Rolle des ÖRK im Rahmen des neuen Master-Studiums „sozial.kompetent.engagiert“ vor.

PH-WIR: Wie sehen Sie die Aufgabe des Roten Kreuzes aktuell? Hier hat sich in den vergangenen Monaten ja Fundamentales verändert.

Tanja König: In dieser Situation ist es eigentlich schon eine Herausforderung, die bestehenden Leistungen aufrechtzuerhalten – vom Rettungsdienst über Hauskrankenpflege bis hin zur Blutspende muss ja alles weiter funktionieren. Aber gerade in Krisen brauchen die Menschen Unterstützung, daher haben wir so rasch wie möglich unsere Konzepte adaptiert, um zum Beispiel auch die Lebensmittelausgabe der Team Österreich Tafel oder die Krisenintervention weiterhin betreiben zu können. Einige Leistungsbereiche wie z.B. Seniorentreffen oder Lesepaten mussten ausgesetzt bzw. reduziert werden. Allein die Anpassungen bei den gewohnten Leistungen sind bereits eine immense Herausforderung, zusätzlich bringen wir uns mit Test-Drive-Ins in allen Bezirken, mobilen Test-Teams, der Begleitung des Infektionsvisitenarztes und vielen anderen Leistungen in die Bewältigung der Covid-Krise ein.

PH-WIR: In den Medien wurde die vom Roten Kreuz angebotene "Stopp Corona-App“ viel diskutiert. Wie fällt aus Ihrer Sicht eine erste Bilanz aus?

Tanja König: Die bisherige Bilanz ist durchaus positiv.  Werden Neuansteckungen nicht frühzeitig entdeckt, so können sich neue Infektionscluster entwickeln. Die „Stopp Corona-App“ kann Menschen frühzeitig warnen und dazu beitragen, Infektionsketten rasch zu unterbrechen. Die österreichische „Stopp Corona-App“ war die erste ihrer Art in Europa. Zu Beginn gab es – wie bei technischen Entwicklungen üblich – noch kleinere Anfangsschwierigkeiten, diese sind aber mittlerweile behoben. Auch in Bezug auf Datenschutz gilt die App mittlerweile als Vorzeigelösung. Die App ist umso wirksamer, je mehr Menschen sie verwenden. Bis jetzt wurde sie rund 1 Million Mal heruntergeladen. Das freut uns, wir würden uns allerdings noch mehr User wünschen.

PH-WIR: Immer wichtiger wird derzeit die Eigenverantwortung. Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht empfehlenswert?

Tanja König: Die wichtigsten Schutzmaßnahmen sind einfach und können von jeder und jedem umgesetzt werden. Nach wie vor gilt: auf Hygiene achten (Händewaschen, Nießhygiene), Abstand halten und Kontakte reduzieren. Gerade jetzt, mit der Verlagerung in Innenräume, kommt als wichtiger Aspekt das richtige Lüften hinzu und je nach möglichem Abstand der Mund-Nasen-Schutz. Und was diesen Herbst und Winter besonders wichtig sein wird: bei Krankheitssymptomen zu Hause bleiben und 1450 rufen.

PH-WIR: Seit diesem Studienjahr 2020/21 bietet die PPH Burgenland gemeinsam mit dem Österreichischen Roten Kreuz das Master-Studium Lehramt Primarstufe „sozial.kompetent.engagiert“ an. Dies ist eine in Österreich einzigartige Kooperation. Was erhoffen Sie sich von dieser Kooperation?

Tanja König: Wir sind sehr stolz und sehr glücklich über diese Kooperation. Vor allem erhoffen wir uns drei Punkte:

Zum einen, dass mehr Menschen einen medizinischen Notfall außerhalb des Krankenhauses überleben. Wenn wir es gemeinsam schaffen, dass effektive Erste-Hilfe-Maßnahmen zu einer selbstverständlichen Grundkompetenz werden, die in der Schule gelernt wird, dann können wir dieses Ziel gemeinsam erreichen. Zweitens ist es uns ein Anliegen, dass Werte wie Menschlichkeit und Zivilcourage einen höheren Stellenwert erhalten, und drittens erhoffen wir uns eine stärkere Auseinandersetzung mit dem Thema Gesundheit und Pflege.

PH-WIR: Was wird konkret seitens des ÖRK den Studierenden vermittelt? Welche zentralen Themenfelder und Erfahrungen geben Sie in diesem Lehrgang an die Studierenden weiter?

Tanja König: Die zentralen Themenfelder sind Erste Hilfe, Zivilcourage und Gesundheit. Die Studierenden erhalten nicht nur selbst Sicherheit in Erster Hilfe, sondern erlangen auch die Kompetenz, diese altersadäquat und praktisch zu vermitteln. Sie können sich in die Lage von Kindern und Jugendlichen versetzen, die Pflegeverantwortung übernehmen, und Hilfestellungen ableiten. Und wir wollen den Studierenden Kenntnisse und Erfahrungen in gesellschaftlich relevanten Themenbereichen weitergeben, wie z.B. in Bezug auf freiwilliges Engagement und dessen Bedeutung für die Gesellschaft und das Zusammenleben.

PH-WIR: Danke für das Gespräch und weiterhin alles Gute für Sie und Ihr Team.