Wie Frauen bereits in der Antike am Patriarchat rüttelten...
Die Frau der Antike besaß weder das aktive noch das passive Wahlrecht, durfte somit auch keine politischen Ämter ausüben und blieb generell von Angelegenheiten des Staates ausgeschlossen. Dennoch gelang es etlichen von ihnen, politische Prozesse zu beeinflussen und an althergebrachten Frauenidealen und patriarchalen Gesellschaftsstrukturen zu rütteln. Dieser Thematik widmet sich die neue Konferenzreihe „Women in Ancient Cultures“, die vom Institute of Classical Studies (London) veranstaltet wird. Neben Referent_innen aus Europa, den USA, Neuseeland, Kanada und China konnte Prof. Dr. Judith P. Hallett als Keynote Speaker gewonnen werden. Sie ist Autorin zahlreicher Studien zu Frauen, Familie und Sexualität in der griechisch-römischen Antike und zählt zu den Pionier_innen der antiken Frauen- und Genderforschung.
Als Vertreterin der PPH Burgenland referierte Evelyn Fertl zum Thema „nunc vinclis exolutis domos, fora, iam et exercitus regerent. The Wives of High-ranking Magistrates and Military Officers and their Political Role in the Roman Provinces”. In ihren Ausführungen beschäftigte sie sich mit den politischen Aktivitäten jener Römerinnen, die in den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten mit hochrangigen Amtsträgern und Offizieren verheiratet waren und ihre Ehemänner an deren Einsatzorte begleiteten.
Gerade Frauen der römischen Oberschicht nahmen aktiv am Gesellschaftsleben teil, nach den damals üblichen Regeln und Gepflogenheiten: Sie pflegten Freundschaften mit einflussreichen Persönlichkeiten, beteiligten sich an Diskussionen bei Gastmählern, tauschten Gefälligkeiten aus oder heirateten in wichtige Familien ein. Auf Basis ihrer familiären Verbindungen, ihrer sozialen Netzwerke und ihres hohen Ranges verfügten sie über Autorität und Selbstbewusstsein.
Die antike Literatur stand jenen Frauen besonders kritisch gegenüber, die sich in öffentliche Belange einmischten und politisch betätigten. So sind die Namen mehrerer dieser Frauen neben ihren Ehemännern (oder allein) als Angeklagte in Gerichtsprozessen überliefert. Die Anschuldigungen reichten von Hochverrat über Ehebruch bis hin zu Bestechung und Ausbeutung der Provinzbewohner_innen. Die Prozesse belegen, dass man diesen Frauen nicht nur bloße Mittäterschaft zutraute, sondern dass sie mitunter eigenständig auf der politischen Bühne agiert haben dürften.
Wie zahlreiche Inschriften belegen, betätigten sich Amtsträgerehefrauen als Wohltäterinnen und Patroninnen, setzten sich für Provinzbewohner_innen und Militärangehörige ein und stifteten Tempel und Altäre. Etliche wurden von Provinzstädten, Mitgliedern der lokalen Führungselite sowie hochrangigen Priester_innen mit Statuen geehrt, gelegentlich auch aufgrund ihrer eigenen Verdienste. Selbst öffentliche Begräbnisse sind überliefert – eine weitere Bestätigung für die herausragende Rolle dieser Frauen in den römischen Provinzen.
Die Vorträge als Videos aufgezeichnet sind über die Konferenz-Website zugänglich (Anmeldung kostenlos). Die Vortragenden stehen in Q&A Sessions für Fragen zur Verfügung (Programm/Videos/Anmeldung: www.wacconference.net).
Grabinschrift der Claudia Varenilla aus Limonum Pictonum (h. Poitiers), 159/160 n. Chr.: Die 2,32 m breite Inschriftentafel überliefert ein öffentliches Begräbnis für Claudia Varenilla, die mit Marcus Censorius Paullus, dem Statthalter der Provinz Aquitania, verheiratet war. Der Witwer erklärte sich bereit, für die Kosten des aufwändigen Grabmonuments selbst aufzukommen. (Foto: @ Musées de Poitiers/Christian Vignaud)
Basis einer Ehrenstatue für Aemilia Sextina aus Volubilis, 2. Jh. n. Chr.: Der Inschriftentext überliefert einen Beschluss des Stadtrates von Volubilis, die verstorbene Aemilia Sextina mit einer Grabstätte, den Begräbniskosten und einer Statue zu ehren. Der Witwer Nammius Maternus, ein Kohortenpräfekt, übernahm die Kosten für die Errichtung des Monuments. (Foto: CIL-Archiv, Inv.-Nr. PH0009517)